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Pumas dritte Trikots: Die Zukunft des Trikotmarkts oder ein absolutes No-Go?

Puma hat nach den EURO-Trikots erneut Aufsehen erregt: Nach der Erscheinung Mitte August 2021 sind die dritten Trikots einiger von Puma betreuten Klubmannschaften großes Gesprächsthema in der Trikot-/Fußballbubble in den sozialen Medien. Ein paar Gedanken zu den Trikotmustern.

© Puma

Puma und der Vorwurf der Einheitsentwürfe

Puma ist seit einigen Jahren bekannt dafür, idente Muster für einige Vereine oder Nationalmannschaften auszurollen. Das ist nicht nur ein Phänomen von Puma, bei Puma fällt es jedoch besonders auf – vermutlich, weil diese Linien auch oftmals auf einem Stück für alle Vereine/Nationalmannschaften präsentiert werden. Ob das so von Vorteil für das Image der Marke und deren Bemühungen ist, ist fragwürdig. Sieht man sich die Trikots des SK Rapid heuer an oder das gut angenommene Heimtrikot von Manchester City, so sind diese einheitlichen Entwürfe dennoch eher in der Unterzahl. Die dritten Trikots von Manchester City, Borussia Mönchengladbach, Shakhtar Donetsk, Stade Rennais, Fenerbahçe Istanbul, AC Milan, Zenit St. Petersburg, Olympique Marseille und PSV Eindhoven werden aus zwei Gründen besonders umstritten gesehen, die regelmäßig als Argument zu lesen sind:

  1. Das Wappen fehlt direkt auf dem Trikot, es ist jeweils mehrfach im Hintergrund eingebunden
  2. Es gleicht mehr einem Trainingsleibchen, als einem Trikot

Ein wichtiger Hinweis vorab: Es darf jetzt nicht davon ausgegangen werden, dass jedes Puma-Trikot in Zukunft so aussieht. Und dass jeder Puma-Verein nun ein drittes Trikot bekommt.

Casual Wear für die Jugend?

„Die Trikots sehen aus wie Trainingsleibchen“ – Ist das vielleicht sogar ein Stück weit beabsichtigt, sodass der Stil verstärkt jugendliche Fans abholt? Die Wünsche der in erster Linie jüngeren Fans haben sich in eine andere Richtung entwickelt, wie ich selbst hier und da in Gesprächen bemerke. Trikots werden vermehrt zu Lifestylekleidungsprodukten, wenngleich das vielen Fans sauer aufstößt. Die immer höheren Trikotpreise tun ihr übriges, es wird nicht eingesehen, warum man über 100 Euro mitsamt Flock für ein Trikot zahlt, das vom Stil her für viele eben einem Trainingsleibchen gleicht.

Ein Fehlstart aufgrund eines Torjubels

Fenerbahçe Istanbul trug das neue Muster erstmals beim Heimspiel gegen HJK Helsinki am 19. August 2021 im Europa-League-Playoff. Der Goldtorschütze Muhammed Gümüşkaya wollte das Wappen seines Vereins küssen – fand es jedoch nicht. Diese Aktion verstärkte die Kritik an den Trikots aufgrund des fehlenden Wappens noch einmal.

Der langerkämpfte Platz des Wappens auf dem Trikot

Was heute vielen unbekannt ist: Wappen waren bei vielen Vereinen äußerst lange nicht auf dem Trikot zu finden. Das beste Beispiel liefert der SK Rapid: 1981 gab es erstmals – aus unerfindlichen Gründen – ein Wappen auf dem Trikot in zwei UEFA-Cup-Spielen zu sehen. Danach war das erst 1987 der Fall, ab 1995 war es erst auf jedem Feldspielertrikot der Fall, Torhüter benötigten noch etwas länger.

Vielleicht ist es gerade deshalb umstritten, dass Wappen auf diesen dritten Trikots nur im Hintergrund zu sehen sind. Das Wappen ist bei vielen Vereinen eines der letzten Traditionsmerkmale – und genau dieses vom Vorder- in den Hintergrund zu schieben, stößt vielen Fans in Zeiten des modernen Fußballs sauer auf. Einer der letzten Strohhalme der Tradition wird berührt. Auch Szenengrößen wie der bekannte Trikotdesigner Rob Warner kritisieren diesen Aspekt:

„Having designed kits for clubs and nations of all sizes and statures, the one thing that unites them is the sacrosanctity of the crest. It’s the most precious thing they have. The icon of the fanbase. To leave it off the jersey is absolutely criminal. These things are a mess.“

Rob Warner, Trikotdesigner seit vielen Jahrzehnten

Die Notwendigkeit dritter Trikots

Eine Frage, die auch ich oftmals gestellt bekomme: Warum braucht es dritte Trikots? Ein Heim- und Auswärtstrikot muss doch reichen? Ja, eigentlich schon. Wenn beide Trikots farbentechnisch für jeden Gegner auf nationaler und internationaler Ebene keine Überschneidung haben, benötigt es keine dritten Trikots. Sie sind – ebenso wie teilweise bereits vorhandene vierte Trikots – oftmals eher ein Marketingprodukt. Im vergangenen Jahr mussten einige Vereine aufgrund Änderungen der UEFA-Ausstattungsregularien ihr Trikot ändern. Hier war ein drittes Trikot für ein paar Vereine von Nöten.

Doch dritte Trikots sind nicht unbedingt ein Phänomen der Neuzeit: Gerade in den bunten 90er-Jahren kam es nicht selten vor, dass Vereine sogar mehr als drei Trikots pro Saison überzogen. Bei Rapid waren es 1992/93 gleich vier Leibchen, es gab gerade in kleineren Ligen mehrmals urplötzlich andere Trikotmuster zu sehen.

Wappenregulierung in der Coppa Italia – ein Problem für den AC Milan?

In Italien musste der FC Venezia kürzlich in der Coppa Italia das Wappen von der Brust entfernen, weil es sonst zweifach zu sehen gewesen wäre – es ist aber nur einmal erlaubt. Gegen solch eine Regulierung würde nicht unbedingt etwas sprechen, aber dass der Ausrüster Kappa sein Logo ganze siebenmal auf dem Trikot platziert hat, ist egal. Dafür gibt es keinerlei Regel. Grotesk. Spannendes Faktum: Dieser Regelung nach dürfte der AC Milan das neue Trikotmuster von Puma nicht in der Coppa Italia tragen.

Fazit

Die Trikots scheiden die Geister gewaltig, mehrheitlich liest man negative Rückmeldungen, es ist gar von einem Einschnitt in der Trikotentwicklung die Rede. Wie ich finde, auch berechtigterweise: Dass das Wappen vom Trikot entfernt wird, ist ein No-Go. Es kann noch so oft damit argumentiert werden, dass das Wappen ja im Hintergrund zu finden sei: Vereine unterscheiden sich seit jeher durch ihre Farben und Wappen. Das Wappen ist eines der letzten unantastbaren Symbole der Tradition im Fußball – wenngleich auch diese bei vielen Vereinen mehrfach geändert wurden. Auf der anderen Seite möchte ich nicht direkt behaupten, dass die Trikots nicht gekauft werden. Vielen ist das schlichtweg egal oder sie freuen sich über neue Aspekte – auch diese Gruppe muss seitens des Ausrüsters bedient werden. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich diese Trikotentwürfe im Endeffekt verkaufen – man wird es wohl erst daran erkennen, ob diese Muster auch 2022 wieder zu sehen sein werden.

Die finale Marketingfrage: Bad news are good news? Gesprochen wird – wie auch bereits bei der Euro – überall über diese Trikots. Dennoch überwiegen die Negativmeldungen bei diesen Trikotentwürfen (bisher) eindeutig. Ein Trikot kann sich auch noch positiv aufladen, zumeist durch besondere sportlichen Erfolge. Aber so intensiv wie heuer wurde über Trikots in den Medien noch nie gesprochen. Stefan Appenowitz wurde von n-tv zu den heurigen Trikots interview, die österreichische Tageszeitung Kurier verfasste einen eigenen Artikel zum dritten Trikot von Ajax Amsterdam im Reggae-Style mit den Three Little Birds von Bob Marley. Und es zeigt auch etwas schönes: Trikots werden ein immer größeres Thema in der Öffentlichkeit und den Medien.

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