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ExpertInnen am Wort: Stefan Appenowitz

Stefan Appenowitz ist den meisten Trikotsammlern im deutschsprachigen Bereich bestens bekannt. Mit seinem Trikotbuch zur deutschen Bundesliga im Jahr 2018 setzte er einen Meilenstein, indem er das erste bedeutende deutschsprachige Trikotbuch auf den Markt brachte. Im Herbst 2021 folgt nun ein Buch über die Spielbekleidung seines Herzensvereins Borussia Mönchengladbach. Was sich die LeserInnen davon erwarten dürfen und welche Projekte noch anstehen, erzählt er im Interview mit trikotgeschichten.at.

trikotgeschichten.at: Steve, vorerst herzlichen Dank, dass du für ein Interview zur Verfügung stehst, nachdem du einige Zeit gesundheitlich angeschlagen warst. Wie geht es dir aktuell?

Appenowitz: Ich hatte leider einen Blinddarmdurchbruch, der nach der Operation noch einige Komplikationen mit sich zog. Ich bin soweit wieder fit, muss aber alles wieder langsam angehen.

trikotgeschichten.at: Der Werkstatt-Verlag hat vor einiger Zeit dein Trikotbuch über Borussia Mönchengladbach angekündigt. Ein Werk, an dem du als Gladbach-Fan seit Jahren akribisch arbeitest und das von vielen Fans erwartet wird. Wann dürfen wir mit dem fertigen Werk rechnen und wie kam es dazu?

Appenowitz: Das Buch ist für den Herbst angekündigt, wir werden wohl Mitte/Ende August fertig sein. Wir sind dieses Mal drei Autoren, Stefan Hermanns, Sportredakteur beim Tagesspiegel und Matthias Gorke, ein langjähriger Borussen-Trikotsammler, unterstützen mich. Als mein Bundesliga-Trikotbuch im Jahr 2018 erschienen ist, hat sich ein Kontakt zu Hardy Grüne ergeben. Seitdem habe ich auch eine Trikotkolumne in seinem Zeitspiel-Magazin. 2019 war ich zu Besuch beim Werkstatt-Verlag in Göttingen und habe die Idee zum Gladbach-Trikotbuch vorgestellt.

Das Buch war schon für Herbst 2020 geplant, dann kam jedoch Corona. Das war aber nicht unbedingt ein Nachteil in der Produktion, es hat uns Zeit für noch detailliertere Recherchen verschafft. Das wird wirklich ein tolles Buch, wo sich jeder darauf freuen kann. Auch die Nicht-Gladbach-Fans!

„Das Buch ist für den Herbst angekündigt. Corona war nicht unbedingt ein Nachteil in der Produktion, es hat uns Zeit für noch detailliertere Recherchen verschafft.“

trikotgeschichten.at: Wie sieht es mit dem Umfang und der Auflage des Buches aus?

Appenowitz: Das Buch umfasst 256 Seiten. Die Aufmachung ist sehr ähnlich meinem Bundesliga-Trikotbuch, vom Layout her ist es – wie ich finde – noch einmal eine Stufe darüber, hier ist eine sehr gute Layouterin am Werk. Zur Auflage: Beim Bundesliga-Trikotbuch waren es 3.500 Stück, wir werden uns denke ich auch hier in diesem Bereich bewegen.

trikotgeschichten.at: Gibt es mit dem Verein laufende Kommunikation?

Appenowitz: Ja, die Kommunikation läuft über den Werkstatt Verlag. Die Werkstatt arbeitet stark mit dem Verein zusammen. Es wird kein offizielles Vereinsbuch, aber es gibt gute Gespräche. Der Verlag geht auch davon aus, dass wir im Fanshop Platz finden werden.

trikotgeschichten.at: Was waren die großen Hürden des Schreibens bei deinem neuen Werk?

Appenowitz: Sehr intensive Recherchen benötigte es bei den Veredelungsgeschichten, wie du weißt, war das ja damals sehr kleinteilig und es wurde wenig bis gar nichts festgehalten. Wie lief das damals ab? Wo wurden sie beflockt? Da gibt es leider zum Teil keine eindeutige Antwort. Merchandising und Sponsoring sind noch offene Punkte, da werde ich noch ein wenig nachrecherchieren müssen. Zu Datsun (Sponsor in den 80ern) hätte ich gerne eine Story gemacht, habe aber leider nicht genug Gesprächspartner gefunden, die zu dieser Zeit nahe dran waren. Zu den Sponsoring-Jahren von Erdgas kommt jedoch eine große Geschichte im Buch.

trikotgeschichten.at: Du kennst jetzt beide Seiten: Du hast ein Buch über die ganze Liga und ein Buch über einen einzelnen Verein geschrieben. Welche Unterschiede hast du im Entwicklungsprozess ausmachen können?

Appenowitz: Der Vorteil ist, dass du nur mit einem Sammler zusammenarbeiten musst. Hier habe ich eine Person, die die Trikots hat oder weiß, wo er diese suchen muss. Matthias hat sich komplett um die Trikotbeschaffung gekümmert, das ist großartig.

Für die Neuauflage des Bundesliga-Buches muss ich wieder Trikots suchen, da plane ich auch ein Kapitel zu Torhütertrikots als Erweiterung. Da beginnt die Arbeit wieder von vorne. Die Recherchearbeit ist identisch, beim eigenen Verein geht man vielleicht mit noch etwas mehr Herzblut hinein, aber der Schreibprozess ist derselbe. Dazu einen Sportredakteur mit an Bord zu haben, der gute Kontakte hat und dir tolle Geschichten schreiben kann, ist in jeden Fall auch Gold wert.

trikotgeschichten.at: Gab es bei deinem Bundesliga-Trikotbuch auch den Fall, dass beispielsweise ein Gladbach-Sammler nicht ins Buch wollte, weil dort ebenso Dortmund- oder Bayern-Sammler mit ihren Trikots vertreten waren?

Appenowitz: Nein, das war nie ein Thema. Ein Sammler hätte es sich etwas anders vorgestellt und möchte wahrscheinlich in der zweiten Auflage auch nicht mehr dabei sein, aber sowas ist die Ausnahme. Mit vielen Sammlern rede ich jetzt, weil sie auch ein eigenes Vereinsbuch gestalten möchten, aber ich kann natürlich nicht überall mitwirken. Bei guten Freunden könnte ich mir aber schon vorstellen, dass ich hier auch aktiv mitarbeite. Im Verlag erscheinen ja demnächst auch Trikotbücher zum FC Bayern und zum HSV. Die sind aber beide anders als das, was ich hier mache. Das Bayern-Buch ist zum Beispiel nur gezeichnet.

trikotgeschichten.at: Wie ist der Verkaufsstand beim Bundesliga-Trikotbuch?

Appenowitz: Das Buch ist offiziell ausverkauft. Beim Verlag gibt es keine Bücher mehr. Es kann aber sein, dass man bei einzelnen Händlern noch Neu-Exemplare findet. (Hier gehts zur meiner Rezension)

trikotgeschichten.at: Wie sieht es mit einer zweiten Auflage aus?

Appenowitz: Da bin ich in Gesprächen. Ursprünglich wollte der Verlag keine zweite Auflage machen. Jetzt hat man doch noch einmal angefragt. Ich habe für die Neuauflage jedoch ein anderes Konzept geplant. Das Buch soll etwas kompakter werden und um oder unter 20 Euro kosten, damit es eine breitere Masse ansprechen kann. Ich würde es gerne im Herbst 2022 veröffentlichen. Mal sehen, ob es sich realisieren lässt.

„Die zweite Auflage des Bundesliga-Trikotbuches soll kompakter werden und um oder unter 20 Euro kosten, damit es eine breitere Masse ansprechen kann“

trikotgeschichten.at: Wie ich weiß, hast du ja – ebenso wie ich – den Traum einer englischen Ausgabe.  

Appenowitz: Ja, das wäre definitiv ein Traum von mir. Wir haben das Buch auch verschiedenen Verlagen angeboten, aber bis jetzt hat keiner angebissen. Vielleicht klappt das ja doch noch in naher Zukunft. Der Brexit hat das leider nicht einfacher gemacht.

trikotgeschichten.at: Was war deine kurioseste Erfahrung im Schreibprozess deiner Bücher?

Appenowitz: Eine Kuriosität kann ich nicht wirklich nennen, aber ich möchte über schöne Erlebnisse sprechen. Mein Kernthema sind ja die Ausrüster und Sponsoren. Zum Thema Veredelung/Stoffe/Faser/Textilien habe ich schon einige sehr gute Leute kennengelernt. Das sind meist ältere Menschen im Ruhestand. Was die alles noch wissen, ist faszinierend. Die ganzen Details über die Arbeit aus den 70er- und 80er-Jahren, die Prozesse, die Zusammenarbeit mit Trikotagenherstellern, usw.

trikotgeschichten.at: Wir haben uns privat ja schon oftmals über Reisen zu Ausrüstern unterhalten. Du hast inzwischen auch schon einige kennengelernt. Wo würdest du gerne noch mehr erfahren?

Appenowitz: Mich interessieren die schwierigen Fälle. Le Coq Sportif zum Beispiel oder Meyba. Umbro wäre auch sehr interessant, das hat bis jetzt leider nicht geklappt. Da wollte ich etwas über die Arbeit in Deutschland erfahren, habe aber leider nichts erreicht. Vielleicht lebt auch gar niemand mehr, der damals aktiv diesen Bereich betreut hat. Die Fabrik würde ich aber gerne einmal besuchen. Admiral ist auch interessant, da ist aber der Gründer vor kurzem leider gestorben. Gerne auch Bukta, Penalty oder Pony. Pony International in Hong Kong hat z.B. Roberto Muller, den Gründer von Pony, als Berater reaktiviert.

Bei Pony und LeCoq Sportif hatte zum Beispiel Horst Dassler seine Finger im Spiel. Und natürlich möchte ich mit dir noch etwas über den Vorarlberger Produzenten Tro Sport herausfinden! Einige Namen geben auch Rätsel auf.  H.B.W ist beispielsweise so ein Markenkürzel. Da jemanden zu finden, wäre richtig toll. Unsere Vermutung geht hier in Richtung Israel, Helmut Grashoff hatte einen guten Draht dorthin, Edi Schaffer, ein ehemaliger israelischer Trainer, der auch ein Freund von Hennes Weisweiler war, besaß wohl eigene Textilfabriken in Israel und hat unseren Informationen nach für Puma und Adidas produziert. Das finde ich spannend und würde da gerne weiter auf Spurensuche gehen.

trikotgeschichten.at: Wie ich dich kenne, wird es auch nach der Buchveröffentlichung nicht leise um dich werden. Was sind deine nächsten Pläne?

Appenowitz: Unter fussball24.de – das Trikotportal soll ein Online-Trikotmagazin entstehen. Mit Hintergrundberichten, Interviews, Sammlerportraits uvm.
In Ergänzung würde ich zudem gerne ein bis zwei Mal im Jahr ein Printmagazin herausbringen. Bin da schon gespannt, was die Jungs in England mit dem Kit-Magazin auf die Beine stellen werden, das ja jetzt im August erscheinen soll. Konkret kann ich Dir aber wahrscheinlich erst im Winter sagen, wie genau es mit fussball24.de weitergehen wird.

trikotgeschichten.at: Abschließend noch eine Frage an dich als Gladbach-Fan: Was hältst du vom neuen Trikot?

Appenowitz: Ich habe der Rheinischen Post ein Interview gegeben, die Hose kann Kult werden, erinnert mich ein wenig an den Tennisspieler Stan Wawrinka. Wenn Borussia nächstes Jahr etwas gewinnt, dann passt das auch gut.

Beim Trikot bin ich zwiegespalten. Das Schulterdesign erinnert an die 80er, die Farben an die 90er, die grüne Raute an die 70er. Es wurden drei Epochen in einem Trikot zusammengefasst. Mir hätte es besser gefallen, man hätte sich auf eine Epoche konzentriert, zum Beispiel auf ein Nadelstreiftrikot aus den 80ern. Ich hatte mir von Puma schon etwas mehr erhofft seit der Rückkehr. Ich schätze Puma sehr, aber da geht für mich als Fan mehr. Aber vielleicht sind wir in unserem Alter auch nicht mehr die richtige Zielgruppe.

Trikot "Home" 21-22
Das Heimtrikot von Borussia Mönchengladbach für die Saison 2021/22 sowie die Hose dazu. © Borussia Mönchengladbach
Shorts "Home" I 21-22

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Das Gladbach-Trikotbuch beim Werkstatt-Verlag: https://www.werkstatt-verlag.de/buecher/fussball/das-gladbach-trikot-von-1900-bis-heute

Zum neuen Trikotportal https://www.fussball24.de