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47 Jahre Adidas-Trikots in Österreich: Eine Ära geht zu Ende

Vergangene Woche wurde bekannt, was die Spatzen schon länger von den Dächern pfiffen: Die Partnerschaft zwischen Rapid und Adidas gehört mit Ende der Saison 2020/21 der Vergangenheit an. Das Aus von Adidas bei Rapid bedeutet jedoch gleichzeitig zumindest auch das vorübergehende Verschwinden von Adidas-Trikots im österreichischen Profifußball. Ein Rückblick auf 47 Jahre Adidas-Trikots in Österreich.

Hinweis: Der Schwerpunkt bei diesem Rückblick liegt auf der österreichischen Bundesliga. Unterklassige Ligen werden nur beiläufig mit einbezogen.

Update: Kurz nach Erscheinen dieses Artikels wurde bekannt, dass Adidas ab Sommer 2021 doch noch einen österreichischen Bundesligaverein ausstattet – den TSV Hartberg.

Die Anfangsjahre als Ausrüster

Nicht immer waren Ausrüsterlogos auf der Spielbekleidung der Fußballer sichtbar. In Österreich änderte sich das im Sommer 1974: Adidas stieg gleichzeitig mit der Einführung der Bundesliga in Österreich mit Ausrüsterverträgen ein. 1974 kleideten die Herzogenauracher bereits Rapid, Sturm Graz, Vöest Linz, Austria-WAC und Wacker Innsbruck mit den Dressen mit den drei Streifen ein. Bereits zuvor wurden Adidas-Schuhe und Trainingsjacken weit verbreitet getragen, Ausrüsterverträge gab es allerdings erst ab dieser Saison. Früh wurden Adidas-Trikotsätze auch in den unteren Ligen getragen, ein Beispiel dafür ist der zweitklassige Verein Casino Baden in der Saison 1975/76.

Gerade in den ersten Jahren kam es auch vor, dass einige Teams vereinzelt noch alte Trikots ohne Ausrüster neben der neuen Wäsch‘ trugen: Neben dem SK Sturm fiel das auch bei Rapid, der Wiener Austria und Wacker Innsbruck auf: Die Wiener Austria hatte 1974/75 bereits Adidas-Trikots, trug diese jedoch offensichtlich nur im Europapokal. Sowohl 1975 bei Sturm als auch 1978 bei der Austria erspähen Kenner Erima-Trikots, das hat jedoch einen triftigen Grund: Erima wurde im Jahr 1976 von Adidas aufgekauft. Noch Jahre später, 1994/95, läuft auch der Lask abwechselnd in Adidas- und Erima-Trikots auf. Erima blieb neben Puma (Admira/Wacker, Austria Salzburg, Vienna, ab 1977 Wacker Innsbruck) die einzige „Konkurrenz“ zu Adidas in diesem Jahrzehnt in der höchsten Spielklasse.

Adidas-Clubs in der Bundesliga in den 70er-Jahren:
Rapid (ab 1974), Austria (ab 1974), Wacker Innsbruck (bis 1977), Vöest Linz (ab 1974), Eisenstadt (ab 1975), Wiener Sportclub (ab 1975), GAK (ab 1975)

Rapid Wienerberger-Trikots von Adidas aus den 1970er-Jahren

Die 80er-Jahre: Adidas als klarer Marktführer

Die zwei Wiener Clubs Rapid und Austria dominierten das Jahrzehnt sportlich nahezu nach Belieben, Adidas hatte beide Vereine unter seinen Fittichen. Doch nicht nur diese beiden Clubs repräsentierten die Marke: In der Saison 1982/83 trugen mit Rapid, Austria, Sturm Graz, Vöest Linz, Sportclub, Lask, Austria Klagenfurt, Simmering, Eisenstadt, GAK und Neusiedl am See 11 von 16 Bundesligaclubs Adidas-Leibchen. Ein nicht näher bekannter Seitensprung ist auch von der Vienna bekannt: Die Döblinger, die über viele Jahre hinweg mit Puma-Leibchen spielten, liefen beim Stadthallenturnier 1983/84 mit Adidas-Trikots ein. Erst 1995 hatte der älteste Fußballclub des Landes dann auch wirklich einen Ausrüstervertrag, der bis 1996 lief.

Die Ausreißer in den 80ern? Neben Puma als weiterhin größten Konkurrenten gaben sich erstmals auch Le Coq Sportif (Union Wels), Hummel, Berri (beide Wiener Sportclub), Lotto (Vienna) und der Vorarlberger Hersteller Tro Sport (ebenfalls Vienna) zu erkennen. Außerdem setzten einige Vereine auf Tormanntrikots von Uhlsport, so auch Rapid trotz Vertrag mit Adidas.

Adidas-Clubs in der Bundesliga in den 80er-Jahren:
Rapid (seit 1974), Austria (seit 1974), GAK (seit 1974), Sturm Graz (bis 1983), Vöest Linz (seit 1974), Lask (ca. 1980-87), SC Eisenstadt (bis 1987*), 1. SC Simmering (1982/83*), SV St.Veit (1983-85*), SC Neusiedl am See (1982-84*), Austria Klagenfurt (1982-86*), DSV Alpine (1984-86*), SV Spittal/Drau (1984/85*), FavAc (1983-85*), Salzburger AK 1914 (1985/86*), VfB Union Mödling (1987/88*), VSE St. Pölten (ab 1988*), Kremser SC (ab 1988*)

*vielleicht auch darüber hinaus in unteren Ligen

Die 90er-Jahre: Ausrüsterglobalisierung in der Bundesliga

Die wilden 90er – das war auch das Motto in der österreichischen Bundesliga. Rapid und Austria Salzburg stürmten in das Finale des Europapokals der Pokalsieger respektive in das UEFA-Cup-Finale. Adidas wechselte vom bis dato bekannten Trefoil-Logo über eine kurze Episode des Adidas Equipment-Logos zu den heute bekannten drei Streifen mit dem Schriftzug Adidas. Das alte Logo war jedoch so populär, dass es heute noch auf vielen Adidas-Artikeln Platz findet. Auf Trikots seitdem jedoch leider nicht mehr. In diesem Jahrzehnt wurden die Trikotmuster pro Verein immer weniger. Es pendelte sich eine Kontinuität ein, die sicherlich auch der Tatsache geschuldet war, dass es ab 1996 regelmäßig Spielernamen und Rückennummern auf den Trikots zu sehen gab. Die Spielerkleidung wurde dadurch individualisiert, mehrere Muster hätten noch mehr Arbeit bedeutet.

Die 90er gelten auch als das Jahrzehnt, wo erstmals zahlreiche neue Ausrüster auf den österreichischen Markt gelangten, besonders aus dem nahen Italien. Kappa, Diadora, ABM, Errea oder Ennerre versuchten ihr Glück in Österreich. Kappa löste bei Rapid Adidas zum Jahreswechsel 1990/91 ab, Diadora kam ab 1992 bei Rapid und Steyr sowie später bei der SV Ried zum Zug und wurde höchst populär. ABM versuchte es bei der Admira und Mödling, Ennerre sah man kurze Zeit beim FavAc.

Doch nicht nur aus Italien tauchte neue Konkurrenz auf, sondern ebenso aus den USA: Nike quartierte sich 1994 beim FC Linz ein, Reebok versuchte es ab 1996 beim Stadtrivalen Lask. Reebok wurde inzwischen auch zu einer Adidas-Marke, zuletzt wurde über eine Rückkehr in den Fußball beim AS Roma spekuliert. Nike ist heute unter anderem bei der Wiener Austria und bei Red Bull Salzburg tätig.

Kultig war weiters der Schweizer Ausrüster Blacky mit seinen auffälligen Designs beim Wiener Sportclub, auch Umbro oder Patrick waren erstmals in der Alpenrepublik zu sehen.

Und Adidas? Die Anzahl der betreuten Clubs wurde immer kleiner. Jedoch waren die 90er auch das Jahrzehnt, in dem es Replikas (Fan-Trikots) immer leichter käuflich zu erwerben gab, die Clubs entdeckten das Merchandising für sich. Die beiden größten Teams waren zu Beginn der 1990er-Jahre die beiden Austrias aus Wien und Salzburg. In Wien war Adidas bis 2000 tätig (seitdem Nike-Trikots), in Salzburg gab es ebenfalls (seit 1991) bis 2000 die drei Streifen zu sehen, ehe die Mozartstädter Fila-Trikots überzogen. Dafür gewann man mit Rapid den Rekordmeister im Jahr 1999 nach einer fast neunjährigen Pause wieder zurück.

Adidas-Clubs in der Bundesliga in den 1990er-Jahren:
Austria Wien (seit 1974), Austria Salzburg (ab 1991), Rapid (ab 1999), GAK (bis 1991, ab Sommer 1992 bis 1995), SV Ried (ab dem Frühjahr 1999), Austria Lustenau (ab 1997), Kremser SC (bis 1991) , VSE St.Pölten (bis 1992), Lask (1994-1996), Vöest Linz (bis 1990)

2000-2021: Adidas verschwindet endgültig von der Bildfläche

Bereits in den 1990er-Jahren begann aufgrund des Neueinstiegs vieler Ausrüster der langsame Schwund von Adidas-Teams. Und diese Entwicklung sollte sich ab dem Jahr 2000 noch weiterziehen. Das Ende der beiden Austrias im Sommer 2000 bedeutete, dass man mit Rapid nur mehr bei einem Großclub unter Vertrag stand. Rapid entwickelte sich somit auch zum Rekordclub, insgesamt 37 Jahre laufen die Grün-Weißen schlussendlich mit dem Adidas-Logo auf (1974 bis 1990, 1999 bis 2021). Ab Mitte der 2000er-Jahre entwickelte sich das Trikot auch endgültig zum HIgh-End-Produkt. Die Trikots wurden immer leichter, immer luftdurchlässigeres Material wird gewählt, die Entwicklung geht nach wie vor stetig weiter. Adidas konzentrierte sich in weiterer Folge vermehrt auf den Weltmarkt, die 2000er sind auch das Jahrzehnt, wo Fußballer für hohe Summen verpflichtet werden, aber allein durch den Merchandisingumsatz wieder ihre hohe Ablösesumme hereinholen.

Der Grund für die immer weniger werdenden Teams in Österreich? Mit Sicherheit die erwähnte Entwicklung der Markenpolitik im kommerzialisierten Sport. Die Bayern konzentrierten sich immer mehr auf große Clubs mit hohen Absatzmengen, der österreichische Markt wurde zunehmend uninteressanter. Die Kragenweite lautet heute Bayern München, die deutsche Nationalmannschaft, Real Madrid, Boca Juniors, Arsenal oder Manchester United.

Bereits 2014 liefen abgesehen von Rapid die letzten Partnerschaften in der Bundesliga aus: Red Bull Salzburg wechselte im Sommer dieses Jahres zu Nike, die SV Ried lief fortan mit Hummel-Spielkleidung über die Plätze. Die Anzahl der Meistertitel, die von Adidas-Teams gewonnen wurden, war dadurch natürlich auch bereits geringer geworden. Rapid holte 2005 und 2008 noch 2x den Meistertitel, 5x Red Bull Salzburg.

Ob man Adidas bei dieser Unternehmenspolitik wieder im österreichischen Fußball sehen wird, ist zumindest in den nächsten Jahren zu bezweifeln. Was bleibt, sind legendäre Trikots aus fast einem halben Jahrzehnt österreichischer Fußball.

Adidas Teams seit 2000 in der Bundesliga:
Rapid (1999-2021), Austria Wien (bis Sommer 2000), Austria Salzburg (bis Sommer 2000), SV Ried (bis Sommer 2000, 2011-2014), Red Bull Salzburg (2005-2014), Austria Lustenau (bis Sommer 2000 in der Bundesliga, danach noch bis 2001 in der 2.Liga), FC Kärnten (2000-2004 in der Bundesliga, danach noch zumindest bis 2008 unterklassig)


Zum Abschluss noch Details für die Statistikliebhaber:

Die finale Bilanz von Adidas-Teams in Österreich bis 2021:

  • 29 Meistertitel in 47 Saisonen (13x Austria, 6x Rapid, 5x RB Salzburg, 3x Austria Salzburg, 2x Wacker Innsbruck)
  • 17 Cupsiege in 46 Bewerben (6x Austria, 5x Rapid, 2x RB Salzburg, 1x Wacker Innsbruck, 1x Gak, 1x Kremser SC, 1x FC Kärnten)

Die Adidas-Dauerbrenner in Österreich

  • 37 Jahre:

    Rapid Wien (1974-1990 und 1999-2021)

  • 26 Jahre:

    Austria Wien (1974-2000, zeitweise in den 70ern auch Erima-Trikots getragen)

  • 19 Jahre:

    GAK (1975-1991, 1992-1995), davon 15 Jahre in der Bundesliga/Oberes Playoff

  • 16 Jahre:

    Vöest Linz (1974-1990), davon 14 Jahre in der Bundesliga/Oberes Playoff

  • 12 Jahre:

    SC Eisenstadt (1975-mindestens 1987), davon 6 Jahre in der Bundesliga/Oberes Playoff

    Wiener Sportclub (1975-1987, nicht 100%ig validiert, da der Sportclub scheinbar auch kurzzeitig mit Puma-Trikots gespielt hat)

  • 9 Jahre:

    Austria Salzburg (1991-2000)

    Red Bull Salzburg (2005-2014)

    Lask (1980-1987, 1994-1996), mitunter ebenso Erima-Trikots getragen

    Sturm Graz (1974-1983)

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